Diplom - Psychologin

Sarah Willeke

Die Wichtigkeit des positiven Selbstwertgefühls für Beziehungen

Sarah Willeke • Jan. 01, 2023

Um was geht es?


Selbstwertgefühl und Beziehungen stehen in einem Wechselspiel zueinander, da zum einen das Selbstwertgefühl eines Menschen seine Beziehungsfähigkeit beeinflusst und sich zum anderen Beziehungserfahrungen auf das Selbstwertgefühl auswirken können. Ein liebevoller und ermutigender Partner kann zum Beispiel das Selbstwertgefühl stärken, aber das Gegenteil ist ebenso möglich. So kann es vorkommen, dass die Erfolge des einen Partners vom anderen abgetan und nicht gewürdigt werden. Dies kann jedoch wiederum ebenfalls ein Anzeichen dafür sein, dass sein eigener Selbstwert instabil und eher negativ ist und sich somit nachteilig auf die Partnerschaft auswirkt. Sie sehen also, dass der Selbstwert nicht nur eine Folge von Beziehungserfahrungen, sondern auch ein entscheidender Prädiktor für die Beziehungszufriedenheit ist (übrigens auch bei platonischen Beziehungen!). In diesem Artikel wird Ihnen dieser Zusammenhang etwas näher erläutert. Außerdem werden ein paar Tipps vorgestellt, die dabei helfen können, das eigene Selbstwertgefühl zu stärken.



Was ist denn eigentlich genau das Selbstwertgefühl?

Das Selbstwertgefühl ist nicht zu verwechseln mit Selbstbewusstsein oder Selbstvertrauen, auch wenn diese Begriffe umgangssprachlich oder im Alltag häufig synonym gebraucht werden. Vielmehr sind Selbstbewusstsein und -vertrauen Komponenten des Selbstwertes. Mithilfe des Selbstwertgefühls nehmen Menschen eine Bewertung ihrer selbst vor, das heißt sie beurteilen ihre Eigenschaften und Fähigkeiten und schreiben sich selbst einen bestimmten Wert zu. Diese Bewertung ist subjektiv und kann eher positiv oder eher negativ ausfallen. Ein positiver Selbstwert trägt dazu bei, dass sich Menschen so akzeptieren, wie sie sind und in ihre Fähigkeiten vertrauen. Ein negativer Selbstwert führt hingegen dazu, dass Menschen sich selbst kleinreden, eher aufgeben und an sich zweifeln. Das Selbstwertgefühl ist eine relativ stabile Persönlichkeitseigenschaft, die jedoch Schwankungen im Lebenslauf unterliegt: In der Regel steigt es im jungen und mittleren Erwachsenenalter an und erreicht seine maximale Ausprägung meist im Alter von 50 bis 60 Jahren, danach nimmt es wieder ab. Dennoch kann das Selbstwertgefühl auch individuell beeinflusst und gestärkt werden.




Auswirkungen eines positiven Selbstwertgefühls


Therapie Selbstwert Paar


Menschen mit einem positiven Selbstwertgefühl gehen zunächst schon eher Beziehungen ein als Menschen mit einem niedrigeren Selbstwertgefühl. Außerdem ist die Beziehungszufriedenheit und somit -qualität höher.


Wissenschaftliche Untersuchungen ergaben, dass der anfängliche Selbstwert der Beziehungspartner mit der anfänglichen Beziehungszufriedenheit korreliert (Quelle: „Development of Self-Esteem and Relationship Satisfaction in Couples: Two Longitudinal Studies“). Das bedeutet, je höher das Selbstwertgefühl beider Partner zu Beginn der Beziehung ist, desto höher ist auch die anfängliche Zufriedenheit mit und in der Partnerschaft. Weiterhin zeigte sich, dass sich Veränderungen vom Selbstwert im Zeitverlauf auf die Beziehungszufriedenheit auswirken. Erhöht sich das Selbstwertgefühl eines Partners, steigt die Beziehungszufriedenheit. Der größte positive Effekt wird hierbei erzielt, wenn das Selbstwertgefühl von beiden steigt. Sinkt jedoch der Selbstwert eines oder beider Partner mit der Zeit, wirkt sich dies nachteilig auf die Zufriedenheit aus. Diese Resultate sind unabhängig von Geschlecht und Altersgruppe zu beobachten.

Ein positives Selbstwertgefühl trägt dazu bei, dass Menschen ihre Lieben besser (emotional) unterstützen können und sich so Beziehungen festigen können. Wenn eine Person sich selbst lieben und akzeptieren kann, bringt sie diese Wertschätzung auch leichter anderen Menschen – und somit ihrem Partner – entgegen. Gleichzeitig sind Konflikte seltener und weniger intensiv und das Leben wird positiver gesehen.




Auswirkungen eines negativen Selbstwertgefühls


Selbstwert steigern


Ein geringes Selbstwertgefühl führt dazu, dass Menschen ihre eigenen Bedürfnisse nicht ausreichend ernstnehmen, äußern und erfüllen. Auf diese Weise kann keine ausgewogene Balance in der Beziehung aufgebaut werden, da sich mehr an den Wünschen des Partners und weniger an den eigenen orientiert wird. Das beeinträchtigt wiederum die Beziehungszufriedenheit und macht eine Partnerschaft auf Augenhöhe quasi unmöglich. Darüber hinaus brauchen Personen mit einem geringen Selbstwert übermäßig Bestätigung und Anerkennung und rutschen dadurch eher in Abhängigkeitsverhältnisse. Sie tendieren dazu, ihre eigene Liebenswürdigkeit in Frage zu stellen. Daraus resultiert ebenso, dass sie weniger an die Liebe ihres Partners und die Chancen der Beziehung glauben. Mögliche Folgen können Eifersucht, Misstrauen und Klammern sein. Zudem sind sie allgemein verletzlicher und ziehen sich in kritischen Situationen schnell zurück. Das macht es schwieriger, Konflikte konstruktiv zu lösen und in einer Beziehung zusammenzuwachsen. Mit Konflikten umzugehen fällt schwieriger, da Kritik sehr persönlich genommen und sich selbst die Schuld geben wird.

Eine Dimension, anhand derer sich ein niedriges Selbstwertgefühl häufig äußert, ist das Aussehen. Betroffene zweifeln häufig an ihrer Attraktivität, was nicht nur sie selbst belastet, sondern auch die Beziehung. So brauchen sie sehr viel Bestätigung vom Partner, empfinden aber gleichzeitig wegen ihrer Komplexe oft Eifersucht, wenn der Partner mit vermeintlich attraktiveren Menschen zu tun hat. Das kann dann zu Diskussionen und Streits führen. Auch (sexuelle) Hemmungen können entstehen, die in der Beziehung zu Frustration und Distanz führen können.

Ein geringes Selbstwertgefühl geht zudem oft mit mentalen Problemen oder psychischen Erkrankungen einher, wie zum Beispiel Angststörungen oder Depressionen. Hieraus resultieren unter anderem Antriebslosigkeit, Libidoverlust und Gleichgültigkeit.

Tipps, um das Selbstwertgefühl aufzubauen


Akzeptanz und Veränderung


Psychologin online Paartherapie

Akzeptieren Sie die Dinge, die Sie nicht (mehr) ändern können oder wollen und beginnen Sie, Dinge zu verändern, die Sie ändern können und wollen.

Akzeptieren Sie sich so, wie Sie sind – mit Stärken und mit Schwächen. Nicht jeder vermeintliche Makel ist eine Schwäche, die Sie ausmerzen müssen. Auch wenn Sie es wahrscheinlich schon oft gehört haben, aber: Niemand ist perfekt. Beherzigen Sie dies und gehen Sie liebevoller und wertschätzender mit sich selbst um. Nahestehende Personen würden Sie doch auch nie so kritisieren, wie Sie es wahrscheinlich mit sich selbst tun, oder? Lösen Sie sich von den Vorstellungen, Ansprüchen und Wünschen anderer. Sie können nicht ändern, wie andere Menschen Sie sehen oder was sie von Ihnen erwarten, aber Sie können ändern, wie Sie sich selbst sehen.


Eine kleine Übung zur Selbsterkenntnis:

Schreiben Sie jeweils fünf Eigenschaften von sich auf, die Sie als kulturell wertvoll erachten und bei denen Sie…

über dem Durchschnitt liegen,

im Durchschnittsbereich liegen,

unter dem Durchschnitt liegen.

Was würde sich für Sie verändern, wenn Sie sich mit all diesen Eigenschaften akzeptieren würden?


Selbstakzeptanz heißt aber natürlich nicht, dass Sie gar nichts verändern sollten oder können. Finden Sie heraus, welche Veränderungspotenziale Sie bei sich selbst sehen und entwickeln Sie Lösungswege und Strategien, um Ihre Ziele zu verwirklichen. Wichtig ist, nicht zu lange selbstkritisch darüber zu grübeln, was Sie alles falsch gemacht haben, sondern den Fokus von der Vergangenheit auf die Zukunft zu lenken. Was möchten Sie erreichen? Wohin wollen Sie sich (weiter-)entwickeln? Ein positives Ziel vor Augen zu haben und dieses auch anzugehen, wird ihr Selbstwertgefühl steigern.



Lebenssinn


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Ein wirksames Mittel, um den eigenen Selbstwert zu erhöhen, ist es, einen Sinn im Leben zu entdecken. Das kann gesellschaftliches, politisches oder ehrenamtliches Engagement sein, Kreativität, Familie – alles, was Ihnen das Gefühl gibt, einen sinnvollen Beitrag zu leisten und etwas bewirken zu können. In diesem Zusammenhang hilft auch der Grundsatz „jeden Tag eine gute Tat“. Denn wenn Sie anderen etwas Gutes tun, werden Sie sich selbst als einen wertvollen Menschen erleben und dadurch ihr Selbstwertgefühl steigern. Geben Sie anderen zum Beispiel häufiger Komplimente, überlassen Sie jemandem Ihren Sitzplatz in der Bahn – alles ist möglich und jede kleine Geste zählt!


Gelassenheit


Online Paartherapie

Akzeptieren Sie selbstkritische Gedanken. Jeder Mensch macht sich ab und zu Vorwürfe und hat Dinge an sich auszusetzen. Wenn Sie diese Gedanken jedoch als normal ansehen, geben Sie ihnen nicht zu viel Raum, sodass sie Ihren Selbstwert nicht gefährden. Versuchen Sie also, gelassener mit Ihren Fehlern und Schwächen umzugehen. Es ist okay, über diese nachzudenken, aber reflektieren Sie konstruktiv, anstatt sich immer nur selbst herunterzumachen.



Vermehrt auf das Positive achten


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Achten Sie vermehrt auf das Positive und die schönen (oft kleinen) Dinge in Ihrem Leben. Führen Sie sich öfter vor Augen, was Sie schon alles erreicht haben und auf was sie heute stolz sind. Dazu können Sie auch gerne mal eine Liste schreiben. Wahrscheinlich werden Sie erstaunt sein, was Sie bereits alles geleistet haben. Genießen Sie positive Erlebnisse mit allen Sinnen; nehmen Sie z.B. Ihren morgendlichen Kaffee oder die frische Waldluft bewusster wahr. Neben der äußeren Umwelt sollten Sie auch Ihre positiven Gefühle intensiver wahrnehmen und dadurch verstärken. Dieses positive Erleben wirkt sich wiederum positiv auf den Selbstwert aus.

Fazit

Wie bedingen sich Beziehungen und Selbstwertgefühl?

Ein gesundes und positives Selbstwertgefühl ist der Schlüssel zu einer glücklichen und erfüllenden Beziehung. Das gilt gleichermaßen für freundschaftliche, familiäre und Liebesbeziehungen. Insbesondere für letztere zeigen wissenschaftliche Untersuchungen das komplexe Zusammenspiel von Selbstwert und Beziehungszufriedenheit. Einerseits hängt die Ausprägung des Selbstwertgefühls von Beziehungserfahrungen ab. So erhöht es sich beispielsweise, wenn eine Beziehung mindestens ein Jahr lang andauert (interessanterweise verringern Trennungen das Selbstwertgefühl jedoch nur vorrübergehend, sodass es nach ca. einem Jahr wieder sein vorheriges Niveau erreicht).

Andererseits ist das Selbstwertgefühl entscheidend dafür, ob eine Beziehung Bestand hat. Wenn ein oder sogar beide Partner ein geringes Selbstwertgefühl haben, kommt es häufiger zu Trennungen. Unterstützen Sie also auch Ihren Partner dabei, seinen Selbstwert aufzubauen - denn letztendlich wird sich dies ebenso positiv auf die gemeinsame Beziehungszufriedenheit auswirken.

Insbesondere ist es wichtig zu lernen, die eigenen Bedürfnisse zu achten und auszudrücken und sich nicht nur von den Erwartungen anderer Menschen abhängig zu machen. Führen Sie sich vor Augen, dass nur Sie allein dazu in der Lage sind, Ihr Selbstwertgefühl nachhaltig aufzubauen und zu stärken. Egal wie viele Komplimente Sie von außen bekommen - wenn Sie nicht selbst daran glauben, dass Sie gut genug sind, wird auch externe Bestätigung und Anerkennung nichts daran ändern. Haben Sie keine Angst davor, offen zu sagen, was Sie möchten. Respektieren Sie die Grenzen anderer, aber ebenso die Ihrigen und kommunizieren Sie das auch nach außen. Wenn Sie bei diesem doch oft steinigen Entwicklungsprozess Hilfe benötigen, zögern Sie nicht, sich professionelle Unterstützung zu suchen.







Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit Dorothee-Emanuela Gohr entstanden.


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